Mallorca, die Insel der Auswanderer
Nunmehr 6 Jahren ist es her, dass ich mir die Frage „Auswandern nach Mallorca?“ gestellt habe. Vor allem seit Corona, Energiekrise und Krieg in Mitteleuropa bekomme ich vermehrt Nachrichten oder Anrufe von alten Bekannten mit den immer selben Fragen. Nach einem umständlich gefloskelten „Mensch du! 15 Jahre nicht mehr gesprochen. Wie geht es dir denn?“ kommt dann der eigentliche Grund für das oftmals nicht ganz ehrlich gemeinte Interesse an meinem Verbleib. „Ich habe gehört, du bist nach Mallorca ausgewandert. Wir überlegen jetzt auch. Was meinst du, ist das eine gute Idee?“ Meine Antwort ist dabei immer dieselbe und zwar ein klipp und klares, eindeutiges und absolut unmissverständliches: keine Ahnung!
Grundlegend sei jedem, der mit dem Gedanken spielt, gesagt: Auch wenn die Insel medial gerne als das 17. Bundesland der Deutschen dargestellt wird, bedeutet Auswandern nach Mallorca den Abbruch der allermeisten Brücken in der Heimat. Es bedeutet den Umzug in ein fremdes Land mit einem anderen Schlag Menschen, anderen Gepflogenheiten und einer fremden Sprache. (Zudem gibt es nichts nervigeres als die spanische Bürokratie, aber das ist ein anderes Fass, dass wir jetzt nicht aufmachen wollen.) Ob das also für dich und deine Familie eine gute Idee ist? Wie gesagt: keine Ahnung.
Für diese Frage bin ich zudem der falsche Ansprechpartner. Ich wollte nie nach Mallorca, weil das deutsche Fernsehen es geschafft hatte, mir zu suggerieren, dass diese sensationelle Insel ein schmuddeliges Moloch der Trunkenheit sei. Das ist sie aber nicht! Hergekommen bin ich wegen eines Jobs. Geblieben bin ich aus vielen Gründen.
Meine TOP 3 Gründe, die meiner Meinung nach für das Auswandern nach Mallorca sprechen, möchte ich dir jetzt verraten.
Ja leck mich! Ist das toll hier!
Pro 1 Auswandern nach Mallorca
Auf der Insel zeigt sich das Schöne, dem der hinschaut, wirklich an jeder Ecke. Mallorca ist eine Perle im Mittelmeer und wer das nicht sieht, der will es schlichtweg nicht. Die Insel hat 250 Buchten & Strände bei durchschnittlich 300 Sonnentagen im Jahr. Zugegeben, tolles Wetter und Strände findet du auch anderswo auf der Welt. Engst du die Suchkriterien jedoch noch etwas ein, wirst du feststellen: Mallorca ist etwas ganz besonderes. Oder kennst du eine anderen Insel, die 550 Kilometer Küstenlinie bietet und gleichzeitig ein Gebirge, das diese Bezeichnung verdient? Ein Eiland, das eine echte Großstadt mit 400.000 Einwohnern hat und trotzdem eine Vielzahl von malerischen Dörfchen und unberührter Natur? Einen Ort, der sich klimatisch grundlegend von der alten Heimat unterscheidet und dabei nur zwei Flugstunden von Deutschland entfernt ist? Siehst du, da wird es schon schwieriger mit der Auswahl.
Pro 2 Auswandern nach Mallorca
Auch der Fakt, dass sich auf Mallorca jede Menge Auswanderer aus ganz Europa tummeln, ist zumindest für uns Ausgewanderte ein riesen Plus. Stehst du hier beispielsweise beim Bäcker und hörst jemanden in deiner Landessprache sprechen, steht vor dir eine potentielle neue Bekanntschaft. Denn automatisch habt ihr eine Gemeinsamkeit: Ihr seit Ausländer in einem fremden Land. Die selbe Situation stelle ich mir in einer Stadt wie Berlin sehr lustig vor. „Na kommste och von hier? Koofste och Schrippen, wah?“ „Quatsch ma ni blöde von de Seite voll, Keule!“ Nun ja, das Netzwerken hier auf Mallorca mit anderen Deutschen, Briten oder Schweden ist jedenfalls ein großes Plus.
Pro 3 Auswandern nach Mallorca
Als dritten Punkt, der unbedingt für das Auswandern nach Mallorca spricht, möchte ich gerne bei den Menschen bleiben, die hier leben. Auch wenn die Mallorquiner im Allgemeinen als recht eigenbrötlerisch gelten, sind die meisten anderen spanischsprachigen Mitmenschen auf der Insel ein Traum. Das beginnt bei der Kassiererin im Supermarkt, die kurz ihren Job vergisst, weil sie eine riesige Freude daran hat, mit meinem Sohn Quatsch zu machen, und geht weiter mit dem Polizeibeamten, der sich in aller Regel eher dazu berufen fühlt, zu helfen als zu bestrafen, und endet bei den unzähligen alltäglichen Begegnungen, die mir immer wieder aufzeigen, wieviel Lebensfreude und Sonnenschein im Herzen der Spanier steckt. Ausnahmen bestätigen auch hier natürlich die Regel.
Wir haben zwar schon drei Punkte abgehakt, aber weil Insel-Liebe immer auch durch den Magen geht, sei zumindest noch erwähnt, dass die spanische, mallorquinische oder noch allgemeiner mediterrane Küche zumeist lecker, gesund, abwechslungsreich und manchmal auch außergewöhnlich daher kommt. Kein zwingender Grund, um auf die Insel zu ziehen, aber zumindest einer, den ich der Form halber erwähnt haben wollte.
3 Gründe gegen das Auswandern nach Mallorca
Das Auswandern nach Mallorca ist ein bisschen wie die Beziehung zum Partner. Am Anfang ist alles super toll. Die Insel-Sonne scheint heller, das Mittelmeer ist blauer und das Bierchen am Strand scheint das leckerste aller Zeiten zu sein. Und dann, ebenfalls wie in jeder normalen Beziehung, kommt der Moment, in dem der Alltag an die Tür klopft und einen die feinen Härchen in der „sopa mallorquina“, der mallorquinischen Gemüsesuppe, finden lässt.
Das (Lohn) Niveau sinkt!
Contra 1 Auswandern nach Mallorca
Ich habe mal gelesen, dass es auf Mallorca, bezogen auf die Bevölkerung und seine Landmasse, eine höhere Dichte an Millionären geben soll als im Fürstentum Monaco. Keine Ahnung, ob das wirklich stimmt. Allerdings zieht die Insel das Geld und seine Besitzer nahezu magisch an. Kurios ist hier jedoch die Kehrseite der Ein-Euro-Münze, denn das Lohnniveau liegt bei all dem vielen Zaster, der auf Mallorca unterwegs ist, im Durchschnitt deutlich unter den Verdienstmöglichkeiten eines Angestellten in Deutschland.
Selbstverständlich kenne ich nicht jeden Lohnzettel von jedem Auswanderer auf Mallorca, allerdings kann ich hier doch aus eigener Erfahrung schreiben. 2016 bin ich mit einer abgeschlossenen journalistischen Ausbildung auf die Insel gekommen und habe bei meinem ersten Insel-Arbeitgeber nur ungefähr einhundert Euro mehr verdient als während meiner Ausbildung in Bayern. Wäre ich dort, im durchaus schönen bayerischen Oberland, geblieben und hätte die Berge nicht unbedingt gegen das Meer tauschen wollen, dann wäre dort nach kurzer Zeit fast das doppelte des schmalen Insel-Gehalts am Monatsende auf meinem Konto aufgelaufen. Ein ehemaliger Arbeitskollege meinte einmal zu mir: „Auf Mallorca wirst du in Sonne bezahlt.“ Womit er nicht ganz unrecht hat.
Contra 2 Auswandern nach Mallorca
Hier geht es ebenfalls ums Geld und um die Zahl 183. Das ist die Anzahl an Tagen, die sich Teilzeitauswanderer maximal im Jahr auf der Insel aufhalten dürfen. Überschreiten besonders Inselverliebte diese Zahl, werden sie dem spanischen Staat gegenüber uneingeschränkt steuerpflichtig. Dann ist Auswandern nach Mallorca plötzlich zum Fakt geworden.
Natürlich ist das aber im internationalen Steuerdschungel auch nicht ganz einfach so, wie Spanien es gern hätte. Fortuny erklärt das näher damit, daß es auf viele Faktoren ankommt. Es geht um den familiären Lebensmittelpunkt, den geschäftlichen Lebensmittelpunkt und überhaupt wo welche Aktivitäten angesiedelt seien. Letztlich ist tatsächlich auch die bisherige steuerliche Ansässigkeit sowie die Nationalität einer der Faktoren, die die Behörden prüfen.
Spanien und Deutschland haben ein Steuerabkommen, das heißt, es kommt nicht nur darauf an, was hier auf der Insel passiert, sondern es hängt ebenfalls davon ab, ob der Klient zusätzlich noch immer in Deutschland verwurzelt ist.
Nadal Fortuny, Abogado
Trotz alledem mache es keinen Sinn, hier mit „Prinzip Hoffnung“ zu agieren. Denn im Zweifel könnten zunächst einmal beide Länder Ansprüche anmelden. Was dann international geklärt werden müsste. Aber vermutlich nicht mit einer besonders hohen Priorität. Und bis dahin müsste der Steuerpflichtige im Zweifelsfall erst einmal die doppelte Last schultern …
Ich rate meinen Klienten nach Möglichkeit immer Vermögenswerte und Immobilien in Deutschland zu behalten. Das kann im Zweifel ein großer Vorteil sein.
Nadal Fortuny, Abogado
Er empfiehlt, eine Auswanderung oder auch nur einen Zweitwohnsitz mit erheblicher Aufenthaltsdauer nur mit mit fachkundiger vorheriger steuerlicher Beratung zu machen.
Contra 3 Auswandern nach Mallorca
Bei diesem Punkt geht es um die spanische Bürokratie. Und obwohl die in den allermeisten Fällen schon in Deutschland zum Davonlaufen ist, sind Behörden hier auf der Insel zumeist noch schlimmer. Ja, das geht tatsächlich. Von einem guten Freund von mir stammt dieses Zitat:
Die Deutschen haben den Bürokratie-Apparat zwar erfunden, aber die Spanier haben ihn perfektioniert.
Anonymous
Oftmals kämpft man sich hier durch einen undurchsichtigen Dschungel von Formularen, bei dem man schon in seiner Muttersprache nur die Hälfte verstehen würde. Als Kirsche auf der Zetteltorte ist die mallorquinische Amtssprache zudem noch Katalanisch und nicht Castellano.
Mit deinem mühsam angelernten Spanisch kommt Du hier keinen Millimeter weiter.
Als wäre das nicht schon schlimm genug, weiß hier außerdem die rechte Hand oft nicht, was die Linke tut. So ist es uns nicht nur einmal passiert, dass wir mehrfach zwischen Schalter A und Schalter B hin- und hergeschickt wurden, weil der jeweilige Mitarbeiter sich einfach nicht zuständig gefühlt hat. Sind die Schalter dann nicht nur in verschiedenen Gebäuden, sondern gar in verschieden Stadtteilen, kommt richtig Freude auf. Wir wurden sogar mal von offizieller Seite auf die Nachbarinsel Menorca entsandt, weil ein Antrag dort angeblich schneller bearbeitet werden würde. Es ging nicht nur nicht schneller, der menorquinische Beamte konnte mit unserem Wisch gar nichts anfangen. Oh Boy!
Weder besser noch schlechter. Einfach anders.
Martin Ansorge
Ich denke es ist wichtig zu verstehen, dass Spanien und insbesondere Mallorca in vielerlei Hinsicht anders funktionieren als Deutschland. Ich für meinen Teil habe meine anerzogenen deutschen Tugenden wie die vielfach gerühmte Pünktlichkeit beim Check-In-Schalter am Flughafen in Deutschland abgegeben. Nicht nur verlangt die hier kein Spanier von dir. Es lebt sich auch wesentlich entspannter, wenn man sich der „Mañana“-Mentalität auf der Insel zumindest ein stückweit anpasst.