Baurecht auf Mallorca – langweilig?
Vermutlich wird Euch ein Post über das Baurecht auf Mallorca nicht total enthusiastisch stimmen. Aber das Thema ist ein sehr wichtiger Teil meiner kleinen Ratgeber Reihe zum Thema Immobilienkauf, da sich durch die massiven Veränderungen im Baurecht und durch die damit verbundenen teils drastischen Einschränkungen von Eigentumsrechten eine hohe Relevanz ergibt, die auch nach dem Kauf noch anhält. Aber schauen wir uns mal ein paar Beispiele an:
Rückblick in die junge Vergangenheit
Seien wir ehrlich, noch vor dreissig Jahren gab es nur Wild-West. Es gab natürlich ein Baurecht. Genau gesagt ist das Ländersache. Also Aufgabe der Regionen, die mit deutschen Bundesländern vergleichbar sind. Wir sind auf den Balearen, das heißt hier liegt die Zuständigkeit im legislativen Verfahren beim sogenannten Inselrat. Zusätzlich gibt es regionale und lokale Bauvorschriften sowie Vorschriften, die aus anderen Bereichen in den Bau hineinwirken, wie zum Beispiel der Naturschutz oder auch der Schutz des Weltkulturerbes Tramuntana. Zu den lokalen Bauvorschriften zählen auch Flächennutzungsplanungen, in denen zum Beispiel festgelegt wird, ob die Nutzung „gemischt“ oder eben nur gewerblich bzw. zu Wohnzwecken sein darf. Oder welche Höhe ein Gebäude in welcher Straße haben darf.
Das Drama von Montport
Das war genau die Zeit, in der in Port d´Andratx die wunderschönen Naturhänge mit Beton zugekleistert wurden. Prominentes Beispiel waren die Geisterappartments von Montport. Hier kommt ein Fallstrick zum Vorschein, den Ihr für Euren Kauf auch beachten müßt. Selbst wenn eine Gemeinde eine Baugenehmigung erteilt, bedeutet das nicht zwingend, das gebaut werden darf. Was ist passiert? Unter dem damaligen Bürgermeister Eugenio Hidalgo wurde einem Bauträger eine Baugenehmigung für diese Appartmentanlage erteilt. Pikant daran nur, daß der Inselrat das gesamte Grundstück bereits 1991 unter Naturschutz gestellt hatte.
Ebenso hatte der Inselrat 2005 dem Flächennutzungsplan von Hildago die Genehmigung verweigert. Die Folge: Die Baugenehmigung war zu Unrecht erteilt worden und musste zurückgenommen werden. Der Bauträger klagte vor Gericht, zunächst auf Wiedererteilung der Baugenehmigung und scheiterte damit. Weil das Gericht – zu Recht – urteilte, daß die Baugenehmigung ja nicht rechtens sein könne.
Erfolg hatte der Kläger aber letztlich, ebenso wie einige Nebenkläger, die bereits „off plan“ Wohnungen in der Anlage erworben hatten, mit dem Anspruch auf Schadenersatz. Und zwar gegen die Gemeinde Andratx, die 2019 in diesem aufsehenerregenden Verfahren zur Zahlung von 15 Mio. Euro verurteilt wurde. Was nur ein kleiner Teil des tatsächlich entstandenen Schadens war.
Umziehen durfte und mußte übrigens der Bürgermeister. Er ging vom Rathaus direkt ins Gefängnis.
Baurecht auf Mallorca: Der Consell greift durch
Noch vor wenig mehr als 5 Jahren waren die Gemeinden zuständig für illegale Bauten. Sie waren verantwortlich dafür, den oft mühsamen und aufwändigen Rechtsweg zu beschreiten, um gerichtliche und vollstreckbare Abrissverfügungen zu erlangen. Oft kamen aber gar nicht unerhebliche Teile der Einnahmen auch aus Steuern ausgelöst durch die Nutzung illegaler Gebäude. Was die Motivation des Amtsschimmels auch nicht weiter gesteigert hatte.
Der Balearenregierung wurde das irgendwann zu dumm und so wurde vom Consell de Mallorca (dem „Inselrat“) eine Art Behörde namens „La Agència de Defensa del Territori“ oder kurz ADT installiert, die sich als eine Art Dienstleister darum kümmern sollte, daß die Gemeinden endlich so agierten, wie es der Regierung vorschwebte. Das startete zunächst zögerlich und wurde dann immer erfolgreicher mit dem bisherigen Höhepunkt in 2021, als Eigentümern von 137 Gebäuden Abrissverfügungen zugestellt wurden.
In den letzten 5 Jahren wurden laut Ultima Hora 541 Abrisse durchgeführt, es wurden aber auch 759 Projekte zur Legalisierung seit 2017 vorgelegt.
Es ist richtig, geltendes Recht auch zu vollstrecken, wenn es nicht eingehalten wurde. Das ist eine legitime Sanktionierung, die ja letztlich dafür sorgt, daß die große Mehrheit sich an die Regeln hält. Und damit auch ein Gebot der Fairness und für die Akzeptanz von Regeln.
Moratorium als Baurechts-Ersatz?
Allerdings sind in den letzten Jahren zunehmend Entscheidungen von Seiten der Behörden erlassen worden, die bei vielen Bauträgern für Kopfschütteln, manchmal auch für Kopfschmerzen gesorgt haben. Ich erinnere mich noch an das Moratorium im Raum Calvia im Küstenstreifen, das für viele Bauträger eine ungeheure finanzielle Belastung war.
Nobel gehts auf dem Sch..haus zu….
Ähnlich verhielt es sich in Port d´Andratx, wo ja ein erheblicher Teil der noblen Villen auf Fäkalgruben sitzt, da es im noblen Örtchen teils keine Kanalisation gibt. Und immer wieder müffelt es dann dort aus dem Boden, weil die vermutlich nicht erschlossenen aber bebauten Gebiete ein Problem haben, wenn die Fosa Sépticas undicht sind und sich die Sch… auf dem Weg nach unten macht …
Also wurde wieder ein Moratorium erlassen … Ebenso wie in Son Vida, wo die Kanalisationsarbeiten noch immer nicht abgeschlossen sind und an anderen Orten.
Denk mal nach!
Wir haben jetzt in Palma zweimal nacheinander ein Jahr Moratorium erlebt, in denen die Bauanträge teilweise nicht bearbeitet wurden, weil eine Kommission eingesetzt worden war, die entscheiden sollte, welche Gebäude denn nun als denkmalschutzwürdig eingestuft werden sollten und welche nicht. Leider kam dabei so wenig heraus, daß man dann tatsächlich die Verwaltungsvorschriften angepasst hat und sich jetzt vorbehält, bei einem gestellten Bauantrag einfach spontan das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen. Das wirkt sehr willkürlich und sehr unklar. Regeln sind doch dazu da, daß am Ende zwei Antragsteller bei zwei Behördenmitarbeitern die gleiche Antwort erhalten. Das ist hier nicht sichergestellt.
Bitte nicht überall Glas!
Im Süden wurde anders gebaut. Uns Nord- und Mitteleuropäern kamen die Häuser teilweise dunkel vor, was sie im Vergleich zum gleißenden Außenlicht ja auch sind. Aber die Leute hatten sich ja was dabei gedacht. Schaut Euch das an auf dem Bild von unserer la23: Die kleineren Fenster im Vergleich zur Komplettverglasung geben Privatspähre, garantieren das sich das Haus nicht übertrieben aufheizt und rahmen den wunderschönen Meerblick ein wie ein gutes Foto.
Wenn Du heute eine Fassade beim Bauantrag einreichst, guckt da eine Kommission drüber. Für mich in der Praxis völlig in Ordnung, ich teile den Geschmack der Kommission und finde eben diese Pseudo-Neubauten, die in erster Linie entstanden waren mit riesigen Fensterflächen und abweisenden Fassaden furcthbar! Aber trotzdem sollte das nicht eine Kommission nach Gutdünken entscheiden dürfen, sondern es sollte klare nachvollziehbare Regelungen geben.
Wir brauchen Regeln. echte Regeln!
Es kann aus meiner Sicht nicht sein, daß Behörden private Bauherren in die Geiselhaft nehmen, weil sie nicht willens oder in der Lage sind, ihre Verordnungen zu erlassen. Ein Moratorium darf nur letztes Mittel sein. Und dazu müßte eine Behörde sich äußern, warum es kein milderes Mittel gab.
Wir brauchen Rechtssicherheit. Es muß klar sein, was eine Fassade ausmacht, damit sie genehmigt wird. Oder ob eine Anbindung an die Kanalisation eben Voraussetzung für eine Baugenehmigung ist.
Aber … nicht so!
In Palma gab es plötzlich einen neuen Flächennutzungsplan. In Konsequenz dürfen nur noch 10% der Fläche eines innerstädtischen Patios noch Pooloberfläche sein. Gehen wir also von durschnittlich 40-50 m2 Patio aus, dann könnt Ihr Euch die Größe der Badewann selber ausrechnen. Zusätzlich muss noch eine „Grünzone“ geschaffen werden in doppelter Größe des Pools.
Erschwerend kommt hinzu, daß die Stadt vom Antragsteller erwartet, daß er sich in der Übergangszeit an alte UND neue Regelung hält. Warum? Nur weil die Behörde selber unsicher ist, ob der Plan tatsächlich so in Gänze umgesetzt werden wird? Sorry, das kann doch wirklich nicht sein! Dann kündigt doch den neuen Plan an. Lebt damit, daß bis zum Stichtag die Bauherren Euch Bauanträge nach altem Recht reinschaufeln. Und stellt dann um. Aber hier wird Unentschlossenheit der Behörde am Bürger ausgelassen.
Dann kam Calvià
Letzten Montag war Calvià dann soweit: In der gesamten Region und ich denke, Calvià ist eine der größten Flächengemeinden hier auf der Insel, wurde die Poolgröße auf 45 Kubikmeter beschränkt. Was bei einer Durchschnittshöhe von 1,5 m 30 Quadratmetern entspricht. Also ungefähr der Größe einer Fertigbeton – Einzelgarage. Die in Zukunft also vor einer 20 Millionen – Villa in Alt Bendinat steht soll. Also nicht die Garage, sondern der vergleichbar kleine Pool. Das Haus darf nämlich weiter 700 m2 groß sein. Plus volle Unterkellerung in kaum beschränkter Größe …
Wo ist der Ratgeber geblieben?
Vielleicht habe ich mich ein wenig in Rage geschrieben. Den roten Faden auf dem Weg liegen lassen und das Thema „Rat geben“ dabei schwer vernachlässigt. Das Problem ist aber: Es gibt eben keinen echten roten Faden. Wir haben hier eine Aneinanderreihung von Verordnungen, Moratorien, Skandalen die im Grunde nur eines gemeinsam haben: sie machen Euer Eigentum schlechter. Und ich sehe keine Tendenz zur Umkehr dieses Trends.
Mein Rat: baut jetzt!
Wenn Ihr ein Grundstück habt: Stellt einen Bauantrag. Sofort! Egal, ob Ihr schon das perfekte Haus fertig geplant habt. Oder es eher noch ein Schuhkarton mit Öffnungen ist. Der Weg bis zur Genehmigung des Bauantrags liegt zwischen etwa einem knappen Jahr (Calvía) und knapp 4 Jahren (El Molinar in Palma). In der Zeit könnt Ihr auch immer noch über Änderungen sprechen. Aber in der Regel habt Ihr nicht zu befürchten, daß nach der Einreichung erfolgte Änderungen zu Euren Lasten umgesetzt werden. Auch das ist allerdings nicht sicher.
Nochmal der Disclaimer: Ich bin natürlich kein Anwalt, ich schreibe hier einfach nur meine Meinung. Basierend auf meinen Praxiserfahrungen als Immobilieninvestor der letzten 10 Jahre. Das kann also totaler Nonsens sein!
Sichert Euer Eigentum
Es wird wahrscheinlich nicht besser! Ganz extreme Fälle sind zum Beispiel:
Ihr kauft ein Haus, das so nicht mehr gebaut werden dürfte heute. Das Haus brennt ab. Dann habt Ihr – in aller Regel – ein Grundstück, das nicht mehr bebaubar ist, wie Ihr es vorher gekauft hattet. Und den Wertverlust entschädigt Euch niemand.
Oder: Ihr habt eine Villa mit Pool gekauft. Der Pool geht kaputt und Ihr stellt einen Bauantrag, um ihn zu reparieren … Ahnt ihr was? Liebling, ich habe den Pool geschrumpft … könnt Ihr dann Eurem Partner mitteilen …
Die ersten beiden Teile meiner Ratgeber Reihe sind wirklich mehr Ratgeber. Der eine geht über die Auswahl der Objekte, der andere über die rechtlichen Fallstricke. Wenn Ihr mit dem Gedanken spielt, Immobilien auf Mallorca zu kaufen, dann sind die glaube ich ganz hilfreich zu lesen.
Schöne Grüße von der schönsten Insel,
Arnd